und das Wunder
vom Weihnachtsmarkt

 

 

 

 

 

 

                

                    
 


Wenn alle Jahre wieder süßer die Glocken nie klingen, beginnt für Peter Lundt mitnichten eine fröhliche Zeit: Der blinde Privatdetektiv haßt Weihnachten leidenschaftlich, und als sei die unvermeintliche Wiederkehr gesellschaftlich etablierten Besinnungskonsums nicht schon genug, bekommt er auch noch den Auftrag, den Weihnachtsmann ausfindig zu machen. Was also tun, wenn die Auftragslage schlecht ist, und die studentische Ermittlungskraft auf ihr Gehalt wartet?

Entgegen dem Titel ist das Wunder vom Weihnachtsmarkt keine besinnliche Einstimmungsgeschichte auf das Fest der Liebe. Spätestens ab dem dritten Track geht es nicht nur laut Booklet bereits "Drunter und drüber". Denn der Gesuchte ist alles andere als ein göttlicher Heilsbringer. Vielmehr verbirgt sich hinter dem vermeintlichen Rauschebart ein geheimnisvoller Unbekannter, der als Roter Rächer randalierenden Skinheads und gewalttätigen Stiefvätern die Leviten liest. Wie Robin Hood taucht er immer genau dann auf, wenn andere Menschen Hilfe brauchen. Auch Katharina Kolk, Lundts Klientin, hat unlängst von seiner Hilfe profitiert und will sich nun bei ihrem Schutzengel bedanken. Was anfänglich aussieht wie eine Spurensuche auf den Pfaden adventlicher Nächstenliebe, entpuppt sich schnell als mysteriöses Verwirrspiel, bei dem die Frage nach Schein und Sein mehr als einmal unbeantwortet bleiben muß.

Wolfgang Völz als wunderbar ruppiger und fluchender Hau-Drauf-Santa Claus gibt an, im wahren Leben Rupert Becker zu heißen und die Rolle des Himmelsboten nur aufgrund Hartz IV angenommen zu haben. Daß ihm dabei gelegentlich die Hand ausrutscht, hat er allerdings vergessen, weshalb der Verdacht aufkommt, man habe es hier mit einer multiplen Persönlichkeit zu tun.
Nur - welche Person übernimmt wann die Kontrolle in der Psyche des mutmaßlich Gesuchten? Und warum behauptet der seltsame Kauz andauernd, die Elfen würden ihm jede schlechte Tat in seine Bücher schreiben?
Um doch noch hinter das Geheimnis von Becker zu kommen, arrangieren Lundt und seine Assistentin Anna eine Hypnosesitzung, die Aufschluß über das seltsame Treiben bringen soll.

Erlauben wir uns an dieser Stelle einen kleinen Hörspielexkurs und erinnern uns an die Drei Fragezeichen und Die Stimmen aus dem Nichts (76). Dem aufmerksamen Lauscher sollte nicht entgangen sein, daß Bob bei Dr. Franklin unfreiwillig genau das ausplaudert, was die Ärztin wissen wollte - dem Tiefschlaf sei Dank. Ähnlich verhält es sich auch in der vierten Folge der Peter Lundt-Reihe. Einziger Unterschied: Der Patient alias Weihnachtsmann alias Becker alias Völz gibt vollkommen unerwartet genau das zum besten, was die Anwesenden eigentlich nicht hören wollten, nämlich ein genaues Psychogramm der Protagonisten; dem Weihnachtsmann stellt man eben nicht so schnell eine Falle. Daß der blinde Privatdetektiv und seine Mitstreiter "not very amused" sind über den unfreiwilligen Seelenstriptease, dürfte wohl jedermann klar sein. Anders jedoch der Hörer, der erneut einen tieferen Einblick in Vergangenheit und Privatleben des blinden Ermittlers gewinnt. Auch Exfrau Elisabeth, das sich einst nach Wuschelmähne sehnende Mädchen aus Tom & Locke (Kerstin Draeger), tritt erstmalig mit ihren gemeinsamen Kindern in Erscheinung und reiht sich in das komplizierte Frauengeflecht rund um Peter Lundt ein, welches u.a. noch die eifersüchtige und singende Nebenbeifreundin Sally beinhaltet.

Ob Beziehungsprobleme, Rechtsradikalismus, Ein-Euro-Jobs, Arbeitslosigkeit, Terrorismus, Behinderte oder Klischeebeamte: Nahezu kein (politischer) Brennpunkt wird in dieser Folge ausgespart. Und so kommt es, daß die einzelnen Kapitel zu Beginn manchmal Gefahr laufen, nur durch das jazzige Sounddesign zusammengehalten zu werden. Erst nach und nach kommen Handlung und Ermittlung in Fahrt, um schließlich im verhaßten Heilig Abend zu enden, den unser blinder Schnüffler eigentlich vermeiden wollte. Daß letzterer ausgerechnet selbst am 24. Dezember auf die Welt hernieder kam, sei hier übrigens nur nebenbei bemerkt.

In diesem Sinne: Merry Christmas und Happy Birthday, Mister Lundt!

Petra

Peter Lundt und das Wunder vom Weihnachtsmarkt

Kriminalhörspiel von Arne Sommer

Regie: Klaus Lauer-Wilms
Musik: Harald Schwender

In den Hauptrollen:

Peter Lundt Mark Bremer
Anna Schmidt Elena Wilms
Oliver Zornvogel Tetje Mierendort
Sally Vation Angela Quast
Rupert Becker Wolfgang Völz
Sven Johansen Thomas Karallus
Elisabeth Lundt Kerstin Draeger
Dora Goldig Katja Brügger
Katharina Kolk Catharina Kottmeier
Gunnar Lack Christoph Gottschalch
u.v.a. 



 Wolfgang Völz
in der Rolle des Rupert Becker

 

Titelmelodie: Stefan Ziethen
Sounddesign: Christoph Guder
Geräuschemacher: Martin Langenbach
Studio: Fährhauston Hamburg


© Hörformat 2005

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